24.10.2017
Fachtagung am 24.10.2017 „Zukunft war gestern!“ – Von der Kinderrepublik zur Zukunftswerkstatt Partizipation
Kinder und Jugendliche verwalten, organisieren und gestalten das Leben in „ihrer“ Heimeinrichtung selbstbestimmt. Die Erwachsenen beraten, begleiten, unterrichten, leiten an und öffnen dadurch Erfahrungs- und Handlungsräume, in denen junge Menschen Selbstverantwortung und auch Gemeinschaftsfähigkeit erlernen und einüben. Mitverantwortung der jungen Menschen in der Erziehung führt gerade nicht zu Chaos und Anarchie, sondern zum Hineinwachsen in Verantwortung und Demokratie.
Der Fachtag stand unter dem Motto: „Zukunft war gestern!“ und begann entsprechend im Vortrag von Dr. Martin Kamp mit einem Sprung in die Vergangenheit, als 1895 mit der George Junior-Republic eine Einrichtung entstand, die annähernd komplett von Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen aufgebaut und gestaltet wurde. William Reuben George arbeitete mit den „Straßenkindern“ New Yorks und entwickelte mit den jungen Menschen das Grundmodell einer radikal selbstverwalteten „Kinderrepublik“. Dieses Modell wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an vielen Stellen insbesondere in den USA und Großbritannien, nachgeahmt und weiterentwickelt. Auch in Deutschland entstanden Kinderrepubliken, wie beispielsweise der „Schulstaat Haubinda“ oder die „Jungenstadt Buchhof“. Die historischen Modelle der „Kinderrepubliken“ ermutigen dazu, die Formen selbstorganisierten und selbstverantworteten Lernens sehr konzentriert in das methodische Zentrum einer Bildungseinrichtung zu stellen. So kann das Gestern einen wegweisenden Impuls für Partizipation im Heute setzen und zukünftige Beteiligungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten am Loher Nocken antizipieren.
Wie können wir die Jugendlichen noch mehr einbeziehen in Alltagsentscheidungen, sie in den unterschiedlichen Bereichen mitwirken lassen?
Aufbauend auf die historischen Erfahrungen leistete Professorin Dr. Mechthild Wolff den Transfer zu aktuellen Fachdiskursen um Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe. Sehr praxisorientiert skizzierte Frau Wolff den Prozess einer gelingenden Beteiligung in der Heimerziehung, bei der „wir weg wollen von den No-Go´s hin zu den Go´s“! Für die Fachkräfte gilt es den organisatorischen und pädagogischen Rahmen zu spannen, in dem junge Menschen in Verantwortung hineinwachsen und Demokratie erlernen können. Wolff erläuterte an vielen konkreten Beispielen die positiven Aspekte gelungener Partizipation. „Sicherlich müssen die Fachkräfte genau prüfen, in welchen Bereichen die Partizipation der Kinder und Jugendlichen sinnvoll und fördernd ist. Genau an diesem Punkt sind die Einrichtungen gefordert, einen strukturellen Rahmen zu bieten, um Möglichkeiten der Beteiligung, des Mitwirkens zu schaffen und den jungen Menschen Raum zum Ausprobieren und Entwickeln zu geben“, so das Credo von Frau Professorin Dr. Wolff.
Im weiteren Teil des Fachtags wurde an der praktischen Weiterentwicklung des Partizipationskonzeptes gearbeitet. Fokussiert an fünf Einzelthemen erarbeiteten die PädagogInnen und die Bewohner gemeinsam Schritte der Konkretisierung:
- Personalmanagement,
- Verwaltung und Verwendung von Gruppenbudgets,
- konzeptionelle Angelegenheiten,
- Innen- und Außenbereichsgestaltung,
- Selbstvertretung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Die Gruppenergebnisse wurden im Plenum gesammelt und von Frau Wolff inhaltlich eingeordnet und werden in den kommenden Wochen weiter ausgearbeitet und realsiert werden. Insgesamt zogen die TeilnehmerInnen des Fachtages ein sehr positives Fazit der Veranstaltung, in der es gelungen ist, von den historischen Erfahrungen und Wagnissen den Blick zu richten hin auf die zukunftsfähigen Elementen in einer fürsorglichen Einrichtungskultur am Loher Nocken.