04.11.2013

PPC Studientage 2013 am Loher Nocken

„Alle helfen, niemand verletzt."

Dieses Credo des Konzeptes der Positive Peer Culture in der Kinder- Jugendgruppenarbeit vermittelte der renommierte amerikanische Psychologe und Pädagoge Larry Bendtro (Ph.D.) auf einer großen Tagung der Evangelischen Stiftung Loher Nocken vom 28-29.10.2013. Im Kern des Konzeptes geht es darum innerhalb der ambulanten und stationären Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe eine Kultur der wechselseitigen Anerkennung zu leben. Da insbesondere Gleichaltrige (engl. peer) einen entscheidenden Einfluss aufeinander ausüben, kann dieser positiv genutzt werden, um eine Kultur der gegenseitigen Hilfe und Verantwortung zu etablieren. So sollen den Kinder und Jugendlichen klare Verantwortungsbereiche übertragen werden, in denen sie lernen eigenverantwortlich im Hinblick auf die Gruppe zu handeln. So können die Kinder und Jugendlichen sich selbst als erfolgreich erleben. Bendtro betont: „Wir sind geboren um zu helfen. Schon Kleinkinder haben das Bedürfnis ihren Mitmenschen zu helfen." Dieses natürliche Bedürfnis kann reaktiviert werden, wenn die Kinder und Jugendlichen in eine von Fürsorge und Respekt getragenen Umgebung integriert werden.

In dem aus den Vereinigten Staaten stammende Konzept der Positive Peer Culture werden die Erkenntnisse bekannter Reformpädagogen (wie z.B. Karl Wilker, Fritz Redl, John Dewey) mit psychoanalytischen (z.B. Anna Freud und August Aichhorn), sozialpsychologischen Annahmen (z.B. Kurt Lewin), Erfahrungen aus der sozialen Arbeit (z.B. den von Gisela Konopka und Janus Korczak) mit aktuellen Forschungsergebnissen aus der Gehirnforschung und Epigenetik verknüpft. Darüber hinaus gehen vor allem auch Grundlebenshaltungen und -annahmen aus den Naturvölkern in dieses Konzept ein. Insbesondere der aus der indianischen Tradition stammende circle of courage, in dem die vier menschlichen Grundbedürfnisse, nämlich Zugehörigkeit, Meisterschaft, Unabhängigkeit und Altruismus abgebildet werden, fundieren den Positive Peer Culture Ansatz.

Anhand von anschaulichen Beipielen aus seiner eigenen sozialpädagogischen Praxis verdeutlichte Bendtro, auf welche der vier Bereiche des circle of courage Störungen und problematische Verhaltens- und Handlungsweisen von Kindern und Jugendlichen beruhen. Mit viel Humor und Warmherzigkeit beschrieb er, wie Positive Peer Culture in die Praxis umgesetzt werden kann. Seine persönlichen Erfahrungen berührten die zahlreichen Teilnehmer und Teilnehmerinnen sichtlich und riefen viele Fragen aus der eigenen sozialpädagogischen Arbeit hervor. Diese beantwortete Bendtro gewissenhaft und versehen mit vielfältigen Anregungen und Tipps, wobei er nicht müde wurde zu bekräftigen, dass es die kleinen alltäglichen Interaktionen sein, die eine Positive Peer Culture ausmachen würden.

Der Leiter der ev. Stiftung Loher Nocken Dr. Thomas Trapper unterstützt seit vielen Jahren diesen Ansatz und will diesen in der Stiftung lebendig werden lassen. Er bedankte sich für die brillante Übersetzung Brendtros Worte durch Beate Kreisle, die selbst eine Einrichtung der Jugendhilfe am Bodensee nach dem Positive Peer Culture Ansatz betreibt. Weiter lobte er die hervorragende Organisation der Tagung durch Andreas Ulrich und die sehr schmackhafte Verköstigung durch die hauswirtschaftliche Leiterin Silvia Schuster.

 

 

 

 

 

 

 

Bild 1: Larry Brendtro faszinierte die Teilnehmer der Studientage mit seinem lebendigen und humorvollen Vortrag

Bild 2: von links nach rechts: Beate Kreisle (Übersetzung), Dr. Thomas Trapper (Geschäftsführer), Larry Brendtro (Referent), Janna Brendtro (Ehefrau), Andreas Ulrich (Organisation)

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